2020 - Jahres.Ringe.

Sonderheft der "Geschichten aus Grünau"
Heft 8  |  Juli 2020

 0341 - 42940222
01573 / 5252077

Mit allen Sinnen schreiben

Angelika Pamuk findet das Besondere im alltäglichen Leben

Angelika, Sie legen mit „Jahres.Ringe.“ Ihr erstes eigenes Heft vor. Wovon erzählen Sie ?
Episoden aus meinem Leben. Ich schaue den Menschen auf den Mund und in die Seele. Gern bin ich mit dem Fotoapparat in der Natur. Manchmal spinne ich mir auch Fantasiegeschichten aus, die aber immer einen Funken Wahrheit enthalten.
Urlaubsreisen, Enkelbesuche, Fotopirsch im Umfeld … Sie erleben intensiv und beobachten genau – aber das auch aufzuschreiben … ?
Tja, eigentlich begann ich mit dem Schreiben erst im Rentenalter, als ich Zeit genug hatte, all die Erinnerungen und das Erlebte aus meinen Fotoalben zu kramen. Da kamen mir natürlich auch Anekdoten aus dem Familienleben wieder in den Sinn. Mein Mann und ich haben drei Kinder großgezogen. Da kommt Einiges zusammen …
Wie fühlt sich das an, wenn man Eigenes bei Lesungen vorträgt ?
Zunächst war ich zögerlich. Meine ersten Versuche sammelte ich in meinem persönlichen Geschichten-Ordner. Gut gehütet. Aber nach erstem Vorlesen vor den Enkeln oder guten Bekannten wurde ich mutiger. Der eigentliche Ansporn kam dann von den Freunden des Literatur Treff Grünau. Heute freue ich mich an den zustimmenden Gesichtern und der herzlichen Resonanz während und nach einer Lesung.
Gibt es den ein oder anderen Tipp für angehende Hobby-Autoren, die Ihnen nacheifern wollen ?
Für mich ist wichtig, den Menschen zuzuhören, auch mal nachzufragen. Ich nehme mein Umfeld aufmerksam, neugierig und mit offenen Augen wahr, bin empathisch an meinen Mitmenschen interessiert. Auch die Natur, ihre Schönheit und Veränderung im Jahreslauf halte ich nicht nur im Bild, sondern auch mit Worten fest. Und da lässt sich selbst im Plattenbaugebiet Leipzig-Grünau viel entdecken. Man muss sich nur mit allen Sinnen öffnen und der Fantasie freien Raum lassen.
Wir wär’s mit einer kleinen Kostprobe ?
„ … Eine Frau fragt mich, warum ich so weine und huste. Ich solle lieber nach Hause gehen,es werde gleich dunkel. „Das geht nicht,“ pruste ich hervor. „Bei uns in der Wohnung ist so viel Rauch und ich weiß nicht warum.“ „Oh Gott,“ sagt sie erschrocken und läuft zum Bäcker nebenan. Von dort ruft sie die Feuerwehr, die auch sehr schnell da ist.Ein Feuerwehrmann kommt zu mir: „Hast du noch Geschwister und wo sind sie?“ "Die sind heute bei Oma,“ antworte ich kleinlaut. „Warst du lange in der Wohnung,“ fragt er. „Nein, nur kurz. Aber was ist denn los?“ „Deine Mama hat vergessen, das Bügeleisen vom Strom zu nehmen.“ Oh, je. „Das Bügeleisen?! Ich habe heute gebügelt. Ich musste doch mein blaues Halstuch bügeln. Heute haben wir es doch an die Kleinen weitergegeben und selbst das rote bekommen.“Hab‘ ich was angerichtet? „Ich will zu meiner Mama,“ rufe ich verzweifelt und komme mir selbst wieder sehr klein vor, als ich schon wieder einen Hustenanfall bekomme. „Kind, wir müssen dich mitnehmen.“ Jetzt bricht bei mir die Panik aus: „Werde ich jetzt eingesperrt, weil ich die Wohnung verbrannt habe?“„Nein,“ sagt der Feuerwehrmann beruhigend. „Hab' keine Angst. Deine Mama ist auch gleich da, dann fahren wir zusammen los zum Arzt.“ Da höre ich sie auch schon nach mir rufen …“
In „Mädchenfreundschaft“ erinnern Sie sich an eine Lehrerin – Frau Zänker.Wie würden Sie „der kleinen Angelika“ aus heutiger Sicht beistehen ?
Heute würde ich der Lehrerin mit erhobenem Kopf eine Nase drehen und ihr sagen: „Schau her, ich habe es geschafft und bin stolz darauf!“
Kontakt www.literatur-treff-gruenau.de
Das Gespräch führte Silke Heinig